Was, wenn wir stehen bleiben?

Veröffentlicht am 20. Januar 2025 um 15:30

Heute möchte ich Dich mitnehmen in eine andere Welt, oder besser gesagt: in unsere eigene. Aber anders, als wir sie kennen. Stell Dir vor, wir hätten die Erde nicht in unserem Tempo, nach unseren Wünschen gestaltet. Stell Dir vor, wir hätten zugesehen. Stillgestanden und zugelassen, dass die Natur ihren eigenen Weg geht.

Es ist eine kleine Erinnerung daran, dass mein Herz- und vielleicht auch Deins- an diesen seltenen Pflanzen hängt, die in den Regenwäldern unserer Erde wachsen. Jene einzigartigen Gewächse, die wir mit so viel Hingabe kultivieren, die in unseren Growzelten, Vitrinen, in unseren Wohnzimmern oder auf unseren Fensterbänken gedeihen, stammen aus uralten Ökosystemen, die heute mehr denn je bedroht sind.

Jede Alocasia, jede Anthurie, jeder Philodendron erzählt eine Geschichte aus seiner Heimat. Von dichten, immergrünen Wäldern, von feuchten, nebligen Berghängen, von Flussufern, die von unberührter Natur umgeben sind. Doch während diese Pflanzen unsere Wohnungen und Herzen erobern, schwindet ihr ursprünglicher Lebensraum mit alarmierender Geschwindigkeit.

Die tropischen Regenwälder sind eine Wiege zahlloser Arten, von denen viele noch nicht einmal entdeckt wurden. Doch der Druck durch Landwirtschaft, Abholzung und den illegalen Handel ist enorm. Viele der seltensten Arten, die wir so sehr schätzen, sind in der Natur längst vom Aussterben bedroht oder existieren nur noch in wenigen Beständen.

Die Sammelleidenschaft- zwischen Bewahrung und Zerstörung

Unsere Leidenschaft für seltene Pflanzen hat leider zwei Seiten. Einerseits trägt sie dazu bei, bedrohte Arten in Kultur zu erhalten und wertzuschätzen, sogar neue Arten hervor zu bringen.

Andererseits kann die steigende Nachfrage auch dazu führen, dass ganze Bestände durch Wildsammlungen ausgerottet werden. Pflanzen können mit ihren letzten natürlichen Vorkommen direkt aus dem Wald in Sammlungen auf der ganzen Welt gelangen- oft nur, damit sich Einzelne daran bereichern.

Wildsammlung nimmt nicht nur Pflanzen mit, sondern zerstört auch das Habitat um sie herum.

Das ist der Moment, in dem wir uns fragen müssen: Was bedeutet es wirklich, eine seltene Pflanze zu besitzen?

Sie sind exotische Schmuckstücke UND ein Botschafter für ihre bedrohte Heimat!

 

Die Magie der Regenwälder

Ich stelle mir oft vor, wie es wäre, hätten sich die Wälder ungestört entfaltet.

Keine gerodeten Flächen, keine Straßen, keine Fabriken. Nur unendliches Grün, das sich über den Horizont erstreckt. Blätter rascheln im Wind während wir stillstehen und lauschen. Wurzeln, tief verankert in uralten Böden, durchziehen wie Venen die Erde, reinigen das Wasser und klären die Luft. Jeder Tropfen, der von den dichten Kronen ins feuchte Erdreich fällt, setzt ein uraltes Ritual fort, ein Kreislauf, der schon lange vor uns existierte und weit über unsere Zeit hinausreichen sollte. Lianen winden sich um mächtige Stämme, Orchideen wurzeln in schwindelerregender Höhe, Aronstabgewächse mit samtigen und farbenfrohen Blättern schmücken den Waldboden.

Was wäre, wenn wir uns zurückgenommen hätten? Der Mensch als Beobachter, nicht als Herrscher. Welche Wunder hätten sich noch entfaltet? Welche Arten würden jetzt existieren?

Tropische Regenwälder beherbergen über 50 % aller bekannten Arten und vermutlich unzählige, die wir noch gar nicht entdeckt haben.

Doch diese Ökosysteme sind brüchig. Die Wälder verschwinden. Großflächige Rodungen, Monokulturen und der Klimawandel setzen ihnen mehr zu als je zuvor. Während wir mehr und mehr Philodendren, Anthurien und Alocasien in unseren vier Wänden pflegen, wird ihre Heimat Stück für Stück zerstört.

Was wäre, wenn wir anders gehandelt hätten? Wenn wir zugelassen hätten, dass sich die Natur weiter in ihrem eigenen Rhythmus entfaltet? Vielleicht würden dann heute noch Arten existieren, die für immer verloren sind. Wenn ich an Pflanzen wie Anthurium papillilaminum, carlablackiae oder Philodendron patriciae denke- welche wunderschönen Arten mag es geben, die wir nie katalogisieren konnten?

Aber es ist noch nicht zu spät. Wir können nicht zurück, aber wir können vorangehen. Und unsere Pflanzen erinnern uns daran. 🌿✨


 

Aronstabgewächse

 

Unter den Pflanzen, die in diesen Wäldern gedeihen, gibt es eine Familie, die uns besonders am Herzen liegt: die Aronstabgewächse (Araceae). Sie sind nicht nur wunderschöne Zimmerpflanzen, sondern Relikte einer uralten Evolution. Philodendron, Anthurium, Alocasia, Monstera, diese ikonischen Pflanzen haben ihren Ursprung in den tiefsten, feuchtesten Regenwäldern unseres Planeten.

Doch viele Aronstab-Arten existieren nur in winzigen, isolierten Populationen. Manche nur an einem einzigen Berghang, in einem einzigen Tal oder entlang eines einzigen Flusslaufs. Wird ihr Lebensraum zerstört, können sie sich oft nicht anpassen.

Die steigende Nachfrage nach seltenen Pflanzen setzt die natürlichen Bestände weiter unter Druck. In den Regenwäldern Kolumbiens, Ecuadors oder Perus gibt es Arten, die innerhalb weniger Jahre drastisch dezimiert wurden, weil sie für Sammler von unschätzbarem Wert sind.

 

 

Was passiert, wenn die Regenwälder weiter schrumpfen?

Wird es eine Zeit geben, in der wir Aronstabgewächse nur noch als kultivierte Zierpflanzen kennen, ohne ihre Heimat?

Unsere Verantwortung als Pflanzenliebhaber

Wenn wir diese Pflanzen lieben, dürfen wir nicht nur an ihre Schönheit in unseren Sammlungen denken. Wir tragen auch Verantwortung mit jeder Pflanze, die wir kaufen, nicht nur für ihre Pflege, sondern für den Erhalt der Lebensräume, aus denen sie stammt.

🌿 Erkenne, dass jede Pflanze eine Geschichte erzählt. Die Geschichte eines Ortes, der geschützt werden muss.
🌿 Setze dich für den Erhalt der Regenwälder ein. 
🌿 Unterstütze nachhaltige Züchtung statt Wildsammlung.

Die Frage ist nicht mehr, welche seltenen Pflanzen wir in unsere Sammlung aufnehmen. Die Frage ist, ob wir bereit sind, für ihre Zukunft zu kämpfen.


 

Ein Aufruf zum Handeln

 

Die Vergangenheit können wir nicht ändern- aber die Zukunft schon.

Ja, wir haben Wälder zerstört.
Ja, wir haben Arten verloren.
Ja, wir haben Fehler gemacht.

Aber wir stehen an einem Wendepunkt. Wir können eine neue Richtung einschlagen.

 

Es ist Zeit für Verantwortung. Zeit, unser Denken, unsere Gewohnheiten und unsere Beziehung zur Natur zu hinterfragen. Wir sind nicht nur Gäste auf diesem Planeten, wir sind Teil des Ökosystems.


Die Weisheit der Wildnis

Die Regenwälder sind ein Symbol für das, was möglich ist, wenn die Natur frei gedeihen kann. Sie sind die Wiege der Biodiversität, die grüne Lunge unseres Planeten und ein Zeugnis dafür, dass das Leben auf Zusammenarbeit statt Konkurrenz basiert.

Kein Baum wächst allein, kein Tier existiert isoliert, alles ist verbunden.

  • Bäume kommunizieren über Wurzelsysteme und Mykorrhiza-Pilze.
  • Pflanzen und Tiere gehen symbiotische Beziehungen ein, Orchideen lassen sich von Insekten bestäuben, während Frösche Schutz in Blättern finden.
  • Regenwälder regulieren Niederschläge und Temperaturen, beeinflussen globale Klimasysteme und speichern gewaltige Mengen CO₂.

 

Unsere Zivilisation baut auf Kontrolle. Wir regulieren Flüsse, betonieren Böden und planen Städte bis ins letzte Detail. Doch die Natur funktioniert nicht durch Kontrolle, sie gedeiht durch Anpassung, Vielfalt und Resilienz.

Was, wenn wir uns viel mehr von ihr inspirieren lassen würden?

  • Nachhaltige Kreisläufe statt Ausbeutung  In der Natur gibt es keinen Müll, alles wird 'recycelt'!
  • Kooperation statt Isolation  Kein Lebewesen lebt für sich allein und das sollten auch wir als Gesellschaft begreifen.
  • Geduld statt Gier  Regenwälder wachsen über Jahrhunderte und wir zerstören Teile davon in wenigen Tagen.

Leave No Trace

 

Hier ist, was wir gemeinsam tun können, auf individueller Ebene:

  • Nachhaltiger konsumieren: Weniger kaufen, auf Qualität setzen und so Ressourcen schonen.

  • Ernährung überdenken: Weniger Fleisch, mehr regionale und saisonale Produkte.

  • Plastik vermeiden und ordentlich entsorgen: Wiederverwendbare Produkte sind der Schlüssel. Pflanztöpfe und Co können in der Regel lange Zeit wieder verwendet werden. Danach spielt auch die sachgemäße Entsorgung eine große Rolle, so kann es wieder recycelt werden.

  • Garten oder Balkon nutzen: Lebensräume für Insekten schaffen.

  • Wasser sparen: Effizienter Umgang mit Frischwasser.

  • Mobilität umstellen: Öfter öffentliche Verkehrsmittel, Fahrrad oder Fahrgemeinschaften nutzen.

  • Reparieren statt wegwerfen: Secondhand und Reparaturen nutzen.

Jeder kleine Schritt zählt. Die Natur braucht uns nicht- aber wir brauchen sie.

Lasst uns gemeinsam handeln, bevor es zu spät ist. 🌿

💚, Jenni

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